Stolpersteinverlegung 2022

Im Gedenken an sieben ermordete Zepernicker Einwohner

Am 10. Oktober 2022 wurden in Panketal an vier verschiedenen Stellen Stolpersteine verlegt. Sie erinnern an sieben jüdische Einwohnerinnen und Einwohner des Ortes, die während der NS-Zeit ermordet wurden.
In einer Gedenkveranstaltung am Vorabend wurden in einer Präsentation des Geschichtsvereins die einzelnen Schicksale, soweit bekannt, umrissen. Die Kunstbrücke Panketal umrahmte die Veranstaltung musikalisch.
Als Ehrengäste nahmen die Nachfahren und Angehörigen der Familie Benning teil, die unter anderem aus New York, Brasilien und der Schweiz angereist waren.
Für Wolfgang Benning, der 1943 nach Auschwitz deportiert und schließlich ermordet wurde, verlegte der Initiator der Stolpersteinverlegungen Gunter Demnig, einen Stein vor dem Haus in der Goslarer Straße 8, wo die Familie einst wohnte.
Tochter Andrea trug einen Text vor, der die Anwesenden zutiefst rührte.

Ein weiterer Stolperstein wurde vor der Straußstraße 53 verlegt, wo Jenny Gold ihren letzten selbst gewählten Wohnort hatte.
In der Hufelandstraße 10/11 wurde gleich vier ermordeten Mitgliedern der Familie Seelig gedacht: Salomon, Hedwig sowie ihren Söhnen Emil Hans und Walter Gustav Seelig.
Der siebte und letzte Stolperstein gilt Selma Kübler, die in einer Genossenschaftswohnung in der Heinestraße 58 wohnte, bis ihr unter fadenscheinigen Gründen 1938 gekündigt wurde. Sie musste in ein so genanntes Judenhaus umziehen, von wo sie 1942 nach Theresienstadt deportiert wurde. Sie starb 1943 an der unmenschlichen Behandlung. Bei dieser letzten Station der Stolpersteinverlegung nahmen auch Schüler des Gymnasiums Panketal teil, die Blumen niederlegten.

 

 

JG 1903, wohnte in der Goslarer Straße 8. Er war verheiratet mit Anneliese Benning geb. Mayer. Wolfgang Benning war Journalist und erhielt bald nach der Machtverschiebung 1933 Berufsverbot. 1938 wurde dieses Haus zwangsarisiert. Es folgte ein Zwangsumzug nach Berlin in ein Judenhaus. Wolfgang Benning wurde zur Arbeit bei Osram, an heißen Öfen, zur Glühlampenherstellung gezwungen. Er wurde im Rahmen der als „Fabrikaktion“ bekannt gewordenen Razzia am 01.03.1943 nach Auschwitz deportiert. Ein letztes Lebenszeichen aus Juli 1943 ist erhalten geblieben. Sein Name stand auf einer Liste. Er wurde mit anderen vom Häftlingskrankenhaus ins Stammlager Auschwitz überstellt. Danach verliert sich die Spur von Wolfgang Benning. Das Ehepaar hatte 6 Kinder. Die 3 ältesten Kinder (Eva, Mike und Ruth) konnten im Rahmen der „Kindertransporte“ nach England fliehen. Die Mutter und die 3 kleineren Kindern wurden am 16.06.1943 nach Theresienstadt deportiert. Alle vier überlebten stark traumatisiert und schwer krank.
SALOMON SEELIG, JG 1875 UND SEINE FRAU HEDWIG, JG 1877.
Die beiden betrieben in Berlin ein kleines Konfektionsgeschäft. 1921 ließen sie sich in Zepernick nieder und betrieben in der Hufelandstraße 10/11 ihr Geschäft weiter. 1938/39 mussten sie ihren Grundbesitz auf Druck der Nationalsozialisten zwangsweise verkaufen. Man nannte es damals im Volksmund „arisieren“, weil nur, die nach der nationalsozialistischen Ideologie als „Arier“ bezeichneten Menschen, Grund und Boden erwerben durften. Nach dem Verkauf wurde das Ehepaar Seelig gezwungen, in ein so genanntes Judenhaus in Berlin umzuziehen. Am 03.02.1943 wurde das Ehepaar nach Auschwitz deportiert und dort sofort ermordet. Das Ehepaar Seelig hatte zwei Söhne. Der Älteste, EMIL HANS SEELIG, JG 1904 ist 1934 mit seiner Frau Helene und 3 Töchtern Hella, Käte Doris und Ursula in die Niederlande geflohen. Dort wurden sie, nachdem Hitler die Niederlande überfallen hatte, Mitte 1942 im Sammellager Westerborg festgehalten und von dort am 21.08.1942 nach Auschwitz deportiert. Die Ehefrau Helene und die Töchter Doris (14 J.) und Ursula (13 J.) mussten sofort in der Gaskammer sterben. Hella arbeitete noch ein paar Wochen als Schneiderin, bis auch sie am 08.09.1942 ermordet wurde. Emil Hans Seelig musste in Auschwitz einige Zeit Holzarbeiten verrichten und wurde am 17.09.1942 ermordet. Der jüngere Sohn, WALTER SEELIG, JG 1906 war Vorstandsmitglied des VfL Zepernick. Er organisierte viele Sportfeste und Wettkämpfe. Er war selbst auch ein guter Sportler. Im April 1933 wurden Juden aus den Vereinen ausgeschlossen. Auch er musste mit seiner Ehefrau Malwine in ein Judenhaus nach Berlin umziehen. Von dort sind beide am 03.02.1943 nach Auschwitz deportiert und sofort ermordet worden.
Jenny Gold, geborene Lewin, wohnte in der Straußstr. 53. Sie war Jahrgang 1886. Jenny Gold heiratete 1913 Isaak Gold. Die Ehe blieb ohne Kinder und wurde nach wenigen Jahren geschieden. Sie wohnte von Berlin kommend dann in Zepernick. Hier beschäftigte sie sich als Näherin. 1938 musste sie nach dem Pogrom am 09.11. ausziehen. Der durch die Straßen ziehende Mob terrorisierte die jüdischen Bewohner von Zepernick und gab der Familie Schulz unter Androhung von Gewalt, die strikte Anweisung, Jenny Gold auf der Stelle den Zutritt zum Haus zu verwehren. Sie wurde danach von der jüdischen Familie Löwenthal in der Poststraße aufgenommen. Am 14.04.1942 ist Jenny Gold mit Gerda Löwenthal zusammen ins Ghetto Warschau deportiert worden. In einigen Briefen, die Gerda Löwenthal an Verwandte schrieb, wird Jenny Gold als Frau „G“ erwähnt. Danach verliert sich Ihre Spur.
Selma Kübler, geb. Dobriner, JG 1869, wohnte in der Heinestraße 58. Der Straße hatten die Nazis den Namen „Adolf-Hitler-Straße“ gegeben. Nach dem Krieg wurde sie umbenannt in Heinestraße. Selma Kübler war verheiratet mit Carl Hermann Kübler, der sehr früh 1901 im Alter von 37 Jahren verstarb. Das Ehepaar hatte drei Kinder. Eine Tochter verstarb bereits 17 Tage nach ihrer Geburt, die anderen beiden Kinder sind mit ihren Familien im Holocaust ermordet worden. Selma Kübler hatte eine Wohnung bei der „Gemeinnützigen Kleinwohnhausbaugenossenschaft Zepernick“ gemietet. Weil sie Jüdin war, wurde ihr die Wohnung unter fadenscheinigen Gründen 1938 vom Vermieter gekündigt. Sie mußte zwangsweise in eine von den nationalsozialistischen Behörden zugewiesene Wohnung nach Berlin, in ein so genanntes Judenhaus umziehen. Hier wurden jüdische Mieter konzentriert. Von hier aus wurde Selma Kübler am 13.07.1942 nach Theresienstadt deportiert. Dort starb sie am 13.02.1943 an der unmenschlichen Behandlung.

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